Wintergarten Spotlight: Erinnerungen der Veranstalter-Legende Fritz Rau

Im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe Spotlights lud die Ikone unter den deutschen Konzertveranstaltern Fritz Rau zu einer Lesung aus seiner 2006 erschienenen Biographie „50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters“ in den Wintergarten ein: eine Reise in die Geschichte des Rock’n’Roll; musikalisch begleitet von Biber Hermann.

Am Montag, dem 5. März 2012 las die Veranstalter-Legende Fritz Rau aus ihrer Autobiographie vor. Wie er mit einem Augenzwinkern bemerkte, handelt es sich dabei um „das wichtigste Buch nach der Bibel und dem ‚Kapital‘ von Marx“. Raus Erinnerungen und Anekdoten gaben faszinierende und berührende Einblicke in ein bewegtes, vom Blues inspiriertes Leben.

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Fritz Raus persönliche Erinnerungen sind auch eine Reise in die Geschichte des Rock’n’Roll. Am Anfang war der Blues. Ohne Blues hätte der Rock’n’Roll niemals seinen weltweiten Siegeszug antreten können. Und ohne Fritz Rau hätte es wohl länger gedauert, bis diese Musik Ihren Weg auch nach Deutschland fand. Der 82-jährige wird nicht müde zu betonen, welch immense Bedeutung der Blues für sein Leben hatte und noch immer hat. Blues ist eben sowohl eine Musikrichtung, aber auch ein Lebensgefühl. Und die Blues-Musik stand Rau in schweren Zeiten zur Seite. Getreu dem Motto:  „The Blues Cures The Blues“.

„Musik ist Lebensmittel, Blues ist Überlebensmittel“
Der aus dem Schwarzwald stammende Rau kam während des 2. Weltkrieges im Kindesalter nach Berlin, wo er die Einheimischen zunächst nicht verstehen konnte, weil die Berliner zu schnell, er als gebürtiger Badener hingegen zu langsam redete. Nach Ende des Krieges hatte Rau, wie er sagte, vom Blues das Schlimmste, ohne überhaupt zu wissen, was Blues war. Dann hörte er im Radio erstmals Jazz, für ihn die Musik der Freiheit. Denn wer die Musik von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong liebt, könne kein Faschist sein. Die Kraft des Blues machte schließlich auch den Rock zur Musik der antiautoritären Jugendbewegung, der Friedens- und der Bürgerrechtsbewegung.

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Vor 50 Jahren, im Jahr 1962, holte Fritz Rau zusammen mit seinem Partner Horst Lippmann erstmals zahlreiche US-Blues-Musiker für eine Konzert-Reihe unter dem Titel „The American Folk Blues Festivals“ nach Europa. Die Tournee machte auch in Liverpool halt, wo es zum ersten Kontakt mit einigen jungen Blues-Fans aus London kam, welche im selben Jahr eine Band gegründet hatten. Einer dieser wilden Gesellen war Mick Jagger. Obwohl Rau ihn damals noch aus dem Backstage-Bereich werfen ließ, weshalb Jagger ihn für ein typisch deutsches A… hielt, war dies der Ausgangspunkt einer engen, bis heute andauernden Freundschaft. Von 1970 an organisierte Rau für knapp 20 Jahre alle Tourneen der Rolling Stones in Deutschland. Rau erzählte auch von einer Begebenheit, als die Stones für ein Konzert ins damals noch geteilte Berlin kamen und spontan Lust auf eine Sightseeing-Tour mit dem Bus durch Ost-Berlin verspürten. Rau, der kein Visum besaß, musste natürlich mit und war heilfroh, dass sich die Grenzbeamten mehr für Mick Jagger, Keith Richards & Co. interessierten als für seine fehlenden Papiere.

„Rock’n’Rau Forever“
Musikalisch untermalt wurden Raus Erzählungen mit Gitarre, Mundharmonika und Gesang von Biber Hermann. Er interpretierte Stücke von Muddy Waters, Bob Dylan, The Rolling Stones oder Willi Dixon, aber auch eigene Lieder. Obwohl er nicht aus Chicago oder von den Ufern des Mississippis, sondern aus dem Rheingau stammt, hat auch er den Blues verinnerlicht. Schließlich könne man den Blues auch bei der Arbeit in den steilen Rüdesheimer Weinbergen finden, was Hermann im Laufe seiner Winzerlehre persönlich erfahren durfte.

Im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe Spotlights holt der Wintergarten montags und dienstags Akteure verschiedenster Couleur abseits von klassischem Varieté auf die Bühne. In den kommenden Wochen und Monaten stehen Namen wie Judy Winter, Alfred Biolek oder auch Hannah Schygulla auf dem Porgramm der Spotlights-Reihe.

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Martin Schlereth

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