Nach dem Berlin-Hype, ist vor dem Berlin-Hype.

Der Berlin-Hype ist vorbei. Zu diesem Schluss jedenfalls kommt man, wenn man den Berichten namhafter US-Medien wie etwa dem Rolling Stone Magazine oder der New York Times, Glauben schenkt. Soll es das gewesen sein, mag sich der ein oder andere fragen. Ist Berlin nun auf einmal out?! Wir begeben uns auf Spurensuche…

Die New York Times nahm in ihrem Bericht über Berlin kein Blatt vor den Mund und bezeichnete die Stadt kurzum als „Brooklyn on the Spree“ – als eine Kopie dessen also, was man genau so auch in erwähntem New Yorker Stadtbezirk vorfindet. Auch das Rolling Stone Magazine kommt zu dem unrühmlichen Schluss: Berlin ist im Laufe der vergangenen Jahre Mainstream geworden und damit eben keine Heimat mehr für Trendsetter und/oder solche die es werden wollen.

Dass beide Berichte sich eingehend mit dem Berghain auseinandersetzen und ihr Fazit auch oder vor allem im Hinblick auf das Treiben in eben diesem Club so ausfällt, wird dabei von vielen gekonnt ignoriert. Im Hinblick auf die erwähnten Veröffentlichungen, scheint es fast so, als wäre das Berghain – als ehemalig bester Club weltweit – ein Barometer, wenn es um die Hip- und Coolness Berlins geht. Dabei ist das Berghain längst nicht mehr so angesagt, wie es das zum Beispiel noch 2009 war – als es vom DJ Mag zum international besten Club gekürt wurde. Seitdem und nicht zuletzt eben durch diese Auszeichnung hat sich viel verändert. War das ehemalige OstGut – als Vorgänger des heutigen Berghains – noch ein absoluter Szenetreff für schwule Fetisch- und Sexparties, so ist sein weitaus bekannterer Nachfolger am heutigen Standort trotz seiner recht eigenwilligen und mitunter restriktiven Einlasspolitik immer mehr zu einem Touristentreff verkommen. Dieser Tatsache dürften allenfalls militante Berghain-Jünger widersprechen – es soll sie wohl immer noch geben.

Auch in Berlin selbst hat sich in den vergangenen Jahren einiges geändert – zum Positiven, wie zum Negativen. Hat sich zum Jahrtausendwechsel noch niemand wirklich für die Metropole an der Spree interessiert, so ist heute eher das Gegenteil der Fall. Der Immobilienmarkt überschlägt sich, die Tourismusbranche boomt, der Arbeitsmarkt – vor allem im IT- und Internetbereich – nicht weniger. Wer nicht bereits gestern in eine Hauptstadt-Immobilie investiert hat, sollte es gefälligst heute tun – in Mitte-Lage, Randbezirke sind schließlich etwas für Einheimische.

Moment, Einheimische?! Ja, die gebürtigen Berliner und Berlinerinnen, ihr wisst schon. Die, die sich seit Jahren schon über diesen künstlichen Berlin-Hype aufregen und dabei mit Fremdbegriffen wie „Gentrifizierung“ um sich schleudern. Wobei mittlerweile und irrwitzigerweise selbst Hinzugezogene sich über die Gentrifizierung in ihrem Kiez auslassen. Die etwas Gemäßigteren unter ihnen bemerken einfach nur den Zerfall ihrer bisherigen Kulturlandschaft und ihres Nachtlebens, der unter dem Stichwort „Clubsterben“ zusammengefasst und spätestens mit dem Untergang der beliebten Bar25 im Jahr 2010 hitzig debattiert wurde. Dieses Clubsterben bewies und beweist noch heute einen langen Atem und so sollten dem Beispiel der sagenumwobenen Bar25 weitere Clubs folgen, so etwa der Knaack Club, der Icon Club, der Klub der Republik und viele weitere. Allesamt recht beliebte Clubs, die diesem ominösen Clubsterben – was sich immer mehr zu einer Art Pest entwickelt – zum Opfer fielen.

Der Grund für das Clubsterben und damit verbunden der Berlin-Hype, liegt irgendwo zwischen Gentrifizierung und Tourismus, zwischen Immobilienmarkt und Lebensqualität und auch zwischen Mainstream und Underground – so genau aber, weiß das niemand. Auf jeden Fall hat das Clubsterben mit dem gesteigerten Interesse an Berlin zu tun. Ganz zweifellos.

Würde man Wirtschaftswissenschaftler zu Rate ziehen, kämen diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu dem Schluss, dass in Berlin bisher die Nachfrage das Maß an Angebot bei weitem übersteigt. Und wo mehr Nachfrage als Angebot herrscht, wird das Angebot eben teurer. Im Falle Berlins verdammt teuer. Die Rechnung für diese unkontrollierte Angebot-Nachfrage-Situation werden am Ende diejenigen zahlen, die sich hier dauerhaft niedergelassen haben und denen der, auf den Partytourismus bezogene, Berlin-Hype gestohlen bleiben kann. Sie nämlich sind nicht hergekommen um an einem Montag aus dem Berghain zu fallen, sondern um ihr Leben – mit all seinen Vor- und Nachteilen – hier zu verbringen und damit auch mal von einer bisweilen abwechslungsreichen Kulurlandschaft profitieren zu können. Ein nicht gänzlich unwesentlicher Unterschied.

Der in den vergangenen Tagen und Wochen thematisierte Berlin-Hype, den es so ja nicht mehr geben soll, ist damit ausschließlich ein Hype, der sich auf Berlin-Besucher bezieht, die sich hier von einer Party zur anderen hangeln, immer auf der Suche danach als Trendsetter wahrgenommen zu werden. Diesen Markt wird Berlin auch oder vor allem aufgrund der in den vergangenen Jahren stark reduzierten Clubvielfalt nicht mehr bedienen können.

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