Zeitenwende in Cupertino: Zwischen EU-Zwang und radikalen Strategiewechseln

Apple steht vor einer Ära tiefgreifender Veränderungen, die sowohl durch externen regulatorischen Druck als auch durch interne strategische Neuausrichtungen geprägt ist. Während der Technologiegigant sich einerseits den strengen Vorgaben der Europäischen Union beugen muss, deuten aktuelle Marktanalysen andererseits darauf hin, dass der Konzern auch aus eigenem Antrieb bereit ist, langjährige Traditionen bei der Produktveröffentlichung über Bord zu werfen.

Das unvermeidliche Ende des Lightning-Anschlusses

Die Tage des proprietären Lightning-Ports sind gezählt, und selbst Apple hat nun offiziell bestätigt, dass man keine andere Wahl habe, als sich der neuen EU-Richtlinie zu fügen. Alle Smartphone-Hersteller müssen künftig auf den universellen USB-C-Standard setzen, eine Vorgabe, gegen die sich der Konzern aus Cupertino jahrelang gewehrt hatte. In einem Gespräch mit dem „Wall Street Journal“ räumten Greg Joswiak, Senior Vice President für Worldwide Marketing, und Software-Chef Craig Federighi ein, dass man den Beschlüssen aus Brüssel Folge leisten werde. „Natürlich müssen wir uns daran halten, wir haben keine andere Wahl“, erklärte Joswiak und signalisierte damit ein zähneknirschendes Einlenken gegenüber dem Gesetzgeber.

Obwohl die Umstellung auf USB-C für den Verbraucher mehr Kompatibilität verspricht, zeigt sich Apple über die regulatorische Bevormundung wenig begeistert. Die Manager ließen offen, ob die Umstellung global oder zunächst nur für den europäischen Markt erfolgen wird, betonten jedoch, dass die Europäer nun den Zeitplan diktierten. Joswiak warnte zudem vor den ökologischen Konsequenzen: Durch den erzwungenen Wechsel rechne Apple kurzfristig mit einer beträchtlichen Menge an Elektroschrott, da Millionen von Lightning-Kabeln obsolet würden – eine Sorge, die im direkten Widerspruch zur Absicht der EU steht, durch einen einheitlichen Standard Müll langfristig zu reduzieren. Zu Spekulationen über ein komplett anschlussloses iPhone, das nur noch via MagSafe geladen wird, hüllten sich die Verantwortlichen in Schweigen.

Prognose für 2026: Ein geschrumpftes Portfolio

Während die Hardware-Anpassungen beim Ladeanschluss primär eine Reaktion auf gesetzliche Zwänge sind, scheint Apple für die übernächsten iPhone-Generationen einen proaktiven und riskanten Kurswechsel zu planen. Ein aktueller Bericht des Marktforschungsunternehmens IDC deutet darauf hin, dass der Launch des iPhone 18 im Herbst 2026 eine signifikante Abkehr von der gewohnten Release-Strategie darstellen könnte. Erstmals seit 2019 könnte das herbstliche Flaggschiff-Aufgebot deutlich kleiner ausfallen als gewohnt.

Seit der Einführung des iPhone 11-Trios im Jahr 2019 und der darauffolgenden Expansion hat Apple im Herbst stets vier neue Modelle präsentiert – meist bestehend aus zwei Standard- und zwei Pro-Varianten. Den IDC-Analysen zufolge könnte dieses Muster beim iPhone 18 durchbrochen werden. Erwartet wird für den Herbst 2026 lediglich die Vorstellung von drei High-End-Geräten: dem iPhone 18 Pro, dem iPhone 18 Pro Max und einem völlig neuen „iPhone Fold“ oder „Ultra“.

Verzögerte Basismodelle und finanzielle Auswirkungen

Der Bericht stützt Gerüchte, die bereits seit Monaten kursieren: Apple plant offenbar, das Basismodell des iPhone 18 aus dem prestigeträchtigen Herbst-Lineup herauszulösen. Stattdessen soll dieses Gerät erst Anfang 2027, flankiert von einem iPhone 18e, auf den Markt kommen. Ursprünglich ging man noch von einem iPhone „Air 2“ im Herbst aus, doch Entwicklungverzögerungen scheinen diesen Plan ins Wanken gebracht zu haben. Da bisher keine Leaks auf eine Beschleunigung der Entwicklung hindeuten, verfestigt sich das Szenario eines reduzierten Herbst-Events.

Dieser strategische Schachzug erklärt auch die auf den ersten Blick negative Prognose der IDC für das Jahr 2026, die einen Rückgang der iPhone-Auslieferungen um 4,2 Prozent vorhersagt. Das Fehlen eines günstigeren Einstiegsmodells im Weihnachtsgeschäft dürfte die Stückzahlen drücken. Dennoch rechnen die Analysten damit, dass der Umsatz steigen könnte. Die Kalkulation dahinter ist simpel: Wer im Herbst 2026 ein neues iPhone will, wird zu den teureren Pro-Modellen oder dem hochpreisigen Foldable greifen müssen. Für das Jahr 2027 prognostiziert IDC dann wieder ein Wachstum, sobald die aufgeschobenen Basismodelle verfügbar sind. Nach Jahren der relativen Stagnation in der Modellpolitik zeigt sich Apple damit so risikofreudig wie lange nicht mehr – sowohl gezwungenermaßen bei der Hardware als auch freiwillig bei der Marktstrategie.