Schutzengel gegen Gewalt in Berliner U-Bahn?

In den vergangenen Tagen haben erneut Berichte über zahlreiche gewaltsame Übergriffe in U-Bahnen zu Besorgnis unter den Berlinern geführt. Bürger, Polizei und Politik suchen nach Lösungen.

© Matt Carman / flickr.com

Waren es vor einigen Monaten noch Nachrichten über brennennde Autos, welche die Berliner schlecht schlafen ließen, so vergeht in letzter Zeit kaum ein Tag ohne Meldungen über gewaltsame Übergriffe in Berlins U- und S-Bahnen oder Bahnhöfen. Ob Handy-Raub, Schlägerei, Messer-Attacke oder bloße Provokation, ob Jugendliche oder Senioren. Die Motive und Opfer der gewaltsamen Übergriffe sind genauso unterschiedlich wie auch die Bezirke, in denen es zu den Vorfällen kommt. Es gibt kein einheitliches Gewaltschema. Dies verschärft die Angstsituation noch mehr, da sich niemand sicher sein kann, nicht zur Gruppe der Opfer zu gehören oder in einem sicheren Teil der Stadt unterwegs zu sein.

„Keeping it safe“
Kann man sich zukünftig nur noch mit Schutzengel in Berlins Untergrund wagen? Dies ist keinesfalls eine spirituelle Frage. Im New York der 1970er und 1980er Jahre stellte sich quasi dieselbe Frage. Wie kann man den öffentlichen Raum sicherer machen?

Die 1979 von Curtis Sliwa gegründete Bürgerinitiative Guardian Angels (Englisch für: Schutzengel) hat sich zum Ziel gesetzt, Gewalt und Kriminalität in der New Yorker U-Bahn zu verhindern. Gemäß ihrem Motto „keeping it safe“ patroullieren die unbewaffneten Guardian Angels nun seit über 30 Jahren deutlich erkennbar an ihrem Outfit, bestehend aus rotem Barett, roter Jacke und weißem T-Shirt, zur Unterstützung der Polizei.

„Big Brother is watching you!“
Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis auch in Berlin die Bürger ihr aktives Bürgertum nicht mehr durch Proteste gegen den Bundespräsidenten ausdrücken, sondern sich zu Bürgerwehren vereinigen, um selbst, wie es so schön heißt, für Recht und Ordnung zu sorgen? Courage und Bürgerinitiative sind zwar generell zu befürworten und zu fördern, doch ob Vigilantentum ein probates Mittel zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit ist, darf angezweifelt werden. Wenn Bürger das Gesetz in die eigenen Hände nehmen, wirft dies kein gutes Bild auf die Ordnung im Lande. Auch der  immer wieder geforderte Einsatz zusätzlicher Videokameras an öffentlichen Plätzen wird nicht das Ende der Gewalt bedeuten. Noch vor wenigen Jahren hätten gerade derartige Forderungen für einen Aufschrei der Entrüstung gesorgt.

Bleibt wohl nur zu hoffen, dass sich der U-Bahn-Wahnsinn durch allgemeine Wachsamkeit und öffentlichen Druck – z. B. durch Presse, Polizei und Politik – bald genauso legt, wie die leidige Geschichte mit den brennenden Autos. Im Endeffekt müssen – wie immer – die sozialen Ursachen für solche Gewaltexzesse bekämpft werden. Dabei kann jedoch kein noch so adrett gekleideter Schutzengel helfen.

Martin Schlereth (mit Bildmaterial von flickr.com)

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