Berlins Clubkultur erlebt einen tiefen Einschnitt | 15 Clubs von Schließung bedroht

Es sieht nicht gut aus für Berlins beliebte Clubkultur. Beschwerden von Anwohnern in beliebten Vierteln wie Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg machen den Clubbetreibern, Anwohnern und Gästen das Leben schwer. Die Bebauung freier oder lang ungenutzter Flächen, um Wohnraum (welcher im Übrigen für den normalen Bürger unbezahlbar ist) zu schaffen, schreitet weiter voran.

Kulturbrauerei

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Das Interesse der Investoren ist groß, schließlich wartet eine Reihe junger, gut verdienender Familien darauf, ihr neues Reich mit ihren Kindern zu beziehen. Für die Mittelklasse oder den einfachen Studenten ist eine Wohnung von einem privaten Vermieter im Prenzlauer Berg oder Friedrichshain purer Luxus. Vorbei sind die Zeiten als Studenten- und Arbeiterviertel.

Es stehen nun mindestens 15 Berliner Clubs kurz vor dem Aus. Nachdem der Magnet-Club, welcher damals in der Greifswalder Straße ansässig war, glücklicherweise einen neuen Platz in Kreuzberg gefunden hat, ging der benachbarte Knaack-Club, einer der ältesten Clubs in ganz Berlin, unter. Nun droht auch der Kulturbrauerei das Ende. Bisher setzte man hier auf den engen Kontakt mit Anwohnern und der Polizei, jedoch häuften sich, speziell in diesem Sommer, die Lärmbeschwerden weiter. Ebenfalls existenzbedrohend sollen laut Wirtschaftssenat die Zustände für den Roten Salon und das Lido sein. Almuth Hartwig-Tiedt von der Wirtschaftssenatverwaltung zufolge gibt es zwei Hauptgründe für das Clubsterben. Der erste ist, dass große Investoren-Projekte immer häufiger alternative Clubs verdrängen. Ein bedeutendes Beispiel ist das Mega-Projekt „Mediaspree“, welches viele Lokalitäten am Rande der Spree zur Schließung zwingt oder es bereits erfolgreich getan hat. Jüngstes Beispiel ist die Aufgabe des Spreestrand-Clubs Kiki Blofeld. Am 11. September gingen dort das letzte Mal die Türen auf. Ebenfalls betroffen vom Projekt „Mediaspree“ ist der L.U.X. Club an der Schlesischen Straße in Kreuzberg. Die Lage dicht an der Oberbaumbrücke ist sehr attraktiv für die Investoren der geplanten Eigentumswohnungen. Der ehemaligen Maria am Ostbahnhof an der Schillingbrücke – jetzt ADS – droht eine Schließung im Januar 2012. Der Erfolg bei der Suche nach einem Alternativstandort blieb bisher aus. Das Yaam, ein Reggae-, Ragga- und Hiphop-Club am Friedrichshainer Spreeufer, wird wohl auch dem „Mediaspree“-Projekt zum Opfer fallen. Geplant sind für das Gelände Bürobauten. Ebenfalls im Gespräch ist ein spanisches Bauunternehmen, welches dort exklusive Eigentumswohnungen errichten möchte.

Clubs Berlin

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Ein zweiter wichtiger Faktor sind die Lärmbeschwerden der Anwohner, welche sich vom Krach der Clubs belästigt fühlen. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Christian Goiny hervor. Beschwerden eines einzelnen Anwohners reichen aus, um den Betrieb einer ganzen Institution ins Wanken zu bringen. So waren es auch Anwohnerbeschwerden, welche zur Schließung des berühmten Knaack-Clubs am Prenzlauer Berg Ende 2010 geführt haben. Neben der Kulturbrauerei sind ebenfalls von Lärmbeschwerden betroffen: Insomnia, Schönwetter, der Edelclub Soho House, der Konzert-Club Lido in der Kreuzberger Cuvrystraße, Turbine und die 8mm Bar. Auch das gerade neu eröffnete Kater Holzig (als Nachfolger der von der „Mediaspree“ vertriebenen Bar 25) ist bereits im Visier der Lärmbehörde. Durch den Einbau von Lärmschutzfenstern konnte zunächst Schlimmeres verhindert werden. Die Lärmbeschwerden gegen das Kulturprojekt in der Ackerstraße „Schokoladen“ kommen laut Medienberichten und dem Betreiber Matthias Legde von nur einem einzigen Anwohner, welcher regelmäßig die Polizei ruft. Der Club muss nun abends um 22 Uhr seine Türen schließen. Der Vermieter möchte den Club per Gerichtsbeschluss räumen lassen und das Lokal aufwändig sanieren lassen. Häufig sind es die neu dazugezogenen Einwohner, welche Beschwerde einreichen. Da fragt man sich, ob man sich nicht im Vorfeld über seine Umgebung informieren kann, oder ob das schlichtweg ignoriert wird. Geld wird wohl immer wichtiger bleiben als jede Art von Kultur.

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