Thierse drohen juristische Konsequenzen nach Sitzblockade

Für den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse könnte die Teilnahme an einer Sitzblockade gegen den Aufmarsch rechtsextremer Demonstranten im Bezirk Prenzlauer Berg ein juristisches Nachspiel haben.

© Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde

Zusammen mit einigen Politikerkollegen von Grünen und SPD hatte Thierse am 1. Mai an einer Sitzblockade gegen den Aufmarsch von Rechtsextremisten an der Bornholmer Straße protestiert. Insgesamt nahmen etwa 10.000 Menschen an der Gegendemonstration teil. Ihnen gegenüber standen etwa 600 Neonazis. Im Vorfeld war noch mit bis zu 3.000 rechten Teilnehmern gerechnet worden. Durch die Störaktionen konnte der rechte Zug nicht wie geplant von der S-Bahn-Station an der Bornholmer Straße durch den Bezirk Prenzlauer Berg, Thierses Wahlbezirk, zur Landsberger Allee ziehen, sondern musste nach etwa einem Kilometer wieder umkehren.

Berlins Innensenator und SPD-Parteifreund Ehrhart Körting bewertete die Aktion als „rechtswidrige Handlung“ und fand die Teilnahme eines Mitglieds der Legislative an der Sitzblockade generell „nicht so toll“. Noch weiter ging der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Er warf dem Vizepräsidenten des Bundestages Gesetzesbruch sowie billigen Populismus vor und nannte Thierses Verhalten darüber hinaus „würdelos“.

„Thierse, blockier se!“

Der Wirbel um die Aktion Thierses zeigt, wie schwierig der Umgang mit Rechtsextremen in einer Demokratie und auch wie verworren die Lage am 1. Mai in Berlin ist. Linke Randalierer und geistige Brandstifter rechter Couleur nutzen den Tag der Arbeit für Ihre Ideologien und Gewaltarien. In der Mitte steht die Mehrheit friedliebender und liberal gesinnter Bürger – aber nicht zuletzt auch die Polizei. Durch den sicherlich gut gemeinten und begrüßenswerten Akt bürgerlicher Zivilcourage haben die Blockier und Thierse die Polizei in eine missliche Lage gebracht. Die Polizeibeamten sahen sich eh schon als Ziel- und Hassobjekt des linken schwarzen Blocks einer besonderen Gefährdungslage ausgesetzt. Da es sich bei dem Umzug der braun Gesinnten um eine rechtmäßig angemeldete Demonstration handelte, mussten die Polizisten nun auch noch gegen die Blockierer vorgehen.

Die Aktion Thierses als bloßen Populismus abzutun, wird der Sache und auch Wolfgang Thierse jedoch nicht gerecht. Sein Verhalten gar als würdelos zu bezeichnen, schießt weit über das Ziel hinaus. Vielmehr ist sein Engagement gegen rechtes Gedankengut zu würdigen. Die Demonstration der Neonazis war zwar genehmigt und durch die im Grundgesetz zugesicherte Meinungsfreiheit geschützt, doch gilt diese Freiheit auch für alle, die Ihre Meinung gegen Faschismus und Ausländerfeindlichkeit kundtun möchten; dies schließt auch den Bundestagsvizepräsidenten ein. Zumal es sich um eine friedliche Protestaktion gehandelt hat und somit keineswegs mit den Randalen Steine werfender Chaoten gleichzusetzen ist. Zwar hatten Thierse und seine Mitstreiter ein Platzverbot der Polizei zunächst ignoriert, doch beendete er schließlich nach Aufforderung eines Polizisten seine Aktion. Dabei wurde er von zwei Beamten an Armen und Händen hochgezogen und an den Straßenrand geführt. Thierse könnte nun eine Ermittlung wegen  Nötigung, einer Ordnungswidrigkeit oder aufgrund der Verhinderung einer nicht-verbotenen Versammlung drohen.

Martin Schlereth (mit Bildmaterial von bundestag.de)

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