Sozialdebatte: Auf Biegen und Brechen

Während er sich derzeit harscher Kritik gegenüber gestellt sieht, lässt Vize-Kanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle wahrlich keine Gelegenheit aus, die aktuelle Sozialdebatte nochmals zu verschärfen. Neuester Coup des von der Koalitionspolitik mittlerweile ausgegrenzten Liberalen: „junge Sozialleistungsempfänger zum Räumen der Bürgersteige einsetzen“. Ältere und hilfsbedürftige Menschen würden sich vor lauter Schnee und Eis auf den Straßen Berlins nicht mehr nach draussen begeben. Warum also nicht auf die in der Bundeshauptstadt zahlreich vertretenen Sozialhilfeempfänger zurückgreifen und diese – nun, da der Frühling vor der Tür steht – zum Schneeschippen verpflichten?

guido-westerwelle.de

Lange Zeit wurde ihm die Macht, die er sich so sehnlich wünschte, nicht zuteil. Nun, da er sich Vizekanzler der Bundesrepublik nennen darf, teilt Guido mit Pauschalangriffen aus.  „Süß der kleine Guido“, mag so manch einer sich denken.  Diejenigen dürften allerdings einer anderen Klasse unserer Gesellschaft angehören, als jene, welche der Liberalenchef sich aktuell zum Feind macht. Wie man es sich von einem Vertreter der wirtschaftsliberalen Klasse zu erwarten hat, bedient sich Klein-Guido aktuell sämtlicher Klischees in Bezug auf sozial benachteiligte Bundesbürger.

Anstrengungsloser Wohlstand
Angefangen hat dabei alles mit einem Richterspruch in Karlsruhe, welcher die aktuell berechneten Hartz4-Regelsätze für unzulässig, ja gar verfassungswidrig, erklärte. Eine Neuberechnung der erwähnten Regelsätze steht somit seither an. Genau hier allerdings,  sieht sich der FDP-Mann auf den Plan gerufen. Verspreche man dem Volk „anstrengungslosen Wohlstand“, lade man selbiges zu „spätrömischer Dekadenz“ ein, so Westerwelle in „Die Welt“. Ohne jedweden konkreten Lösungsvorschlag in der seit langem anhaltenden Diskussion zu liefern, hält es Guido Westerwelle für angebracht, sich des  Themas zu bemächtigen und sorgt so seit nun gut 3 Wochen für Ärger – selbst unter „Verbündeten“.

Wohin das alles führen mag, weiß der Vizekanzler vermutlich selbst nicht so recht einzuschätzen. Eins jedoch ist klar, von Seiten des Koalitionspartners mag man es sich in Sachen Sozialpolitik nicht verscherzen. Ins Fettnäpfchen ist man hier nicht nur einmal getreten und hat daraus gelernt. Guido Westerwelle scheint diese Erfahrung bisher nicht gemacht zu haben. Von Seiten der CDU und CSU jedenfalls, kommt allenfalls ein aufgezwungenes Lächeln oder aber abgewürgtes Winken. So schnell wollte man sich des sozialen Problems dann wohl doch nicht annehmen. Im Kanzleramt dürften – wenn nicht bereits geschehen – früher oder später die Fetzen fliegen.

Infografik Welt Online

Arbeitszwang für Arbeitslose ist (wieder einmal) das Motto der eher unfreiwillig inszenierten Kampagne. Letzte Meldungen lassen überdies verlauten, dass laut einer OECD-Studie ein Leben in Erwerbstätigkeit den betroffenen Arbeitslosen keineswegs attraktiv gestaltet wird. Es liegt somit nicht  nur am Geld, sondern vielmehr am Prinzip und hier ist ganz klar der erfahrenere Koalitionspartner gefordert.

Bernard Bruck

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