Strausberg – Eine Visite in der grünen Stadt am See


Am Samstag machte sich das hauptstadtstudio zur ersten Etappe des JWD auf. Pünktlich um 9:32 Uhr setzte sich auf Gleis 3 des Bahnhofs Alexanderplatz die S5 gen Strausberg in Bewegung. Angesetzte Fahrzeit bis Strausberg Bahnhof: 46 Minuten. Kaum hat man die Stadtgrenzen Berlins hinter sich gelassen, kommt man auch schon im brandenburgischen Strausberg an – der grünen Stadt am See im Märkischen Oderland.

Vom Bahnhof Strausberg ging es mit dem aus Berlin nur allzu vertrauten Schienenersatzverkehr ins Zentrum der Stadt. Die Straße nach Strausberg Mitte ist zunächst zu beiden Seiten von Bäumen, datschenartigen Häusern und kleinen Villen gesäumt. Erster Eindruck: hier lässt es sich leben. Wenig später ändert sich jedoch das Erscheinungsbild der Stadt und es erscheinen mit Klamottendiscountern und Fast-Food-Restaurants durchsetzte Plattenbauten auf der Bildfläche. Aber auch dies ist nicht das endgültige Bild. Im Zentrum angekommen, kann man die Zeugnisse der langen Historie Strausbergs betrachten.

Die Geschichte der Stadt Strausberg geht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Einige Bauwerke von damals haben die Zeit überdauert und prägen noch heute das Bild der Altstadt.

Strausberg-Stadt

© Hauptstadtstudio


In Strausberg-Stadt angekommen und erst einmal aus dem SEV-Bus ausgestiegen, präsentiert sich einem diese Örtlichkeit wie eigentlich jede andere Kleinstadt diesen Charakters auch. Auf den ersten Blick sind keine erkennbaren Unterschiede zu anderen Städten dieser Größenordnung auszumachen. So musste sich das hauptstadtstudio – ohne Karte in der Tasche – erst einmal zur Stadtplantafel an der Hohensteiner Chaussee begeben um die weiteren Stationen – zumindest grob und vorläufig – zu definieren. Hier dann kam es überraschenderweise zum ersten Kontakt. Ein einheimischer, älterer Mann, welcher uns wohl als ratlose, aber auf die kommenden Stunden vorfreudigen Besucher wahrnahm, konnte uns zur ersten Station unseres Ausflugs lotsen.

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So empfahl dieser uns nicht nur zunächst die Altstadt aufzusuchen, sondern auch gleich eine Fährfahrt bis auf die Waldseite dieser schönen und naturbelassenen Stadt zu unternehmen. Desweiteren wusste der freundliche Herr uns etwas über den wohl renommiertesten Bewohner Strausbergs zu erzählen: der erste deutschte Kosmonaut im All, Sigmund Jähn. So besitzt dieser wohl noch eine Wohnung in der Fontanestraße – dies allerdings ohne Gewähr. Verwundert über diese erste, sehr freundliche Kontaktaufnahme machten wir uns also gen Stadtmauer – wie denn vom netten Herrn vorgeschlagen. Nur 10 Fußminuten von der Stadtmauer entfernt, kann man bereits etwas vom Straussee erkennen. Nach den ersten Blicken über den See, entschloßen wir uns dazu dem Tipp des Herren zu folgen und eine Fahrt mit der legendären und geschichtsträchtigen Fähre zu unternehmen.

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Der Ratschlag entpuppte sich für uns als rares und besonders wertvolles Erlebnis – nicht zuletzt da eine solche Fahrt für die Teilnehmenden bereits länger zurückliegt und darüberhinaus von einigen Schwänen begleitet wurde.  Gerne hätten wir uns – wie denn wohl viele Menschen vor uns – hier und jetzt das Ja-Wort gegeben, allerdings war kein Standesbeamter zugegen…

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Auf der Waldseite angekommen entscheiden wir uns dazu den Weg entlang des Sees bis an die Nordseite der Stadt zu Fuß anzutreten.Zwar erscheint dies auf den ersten Blick ein sehr langwieriges, keineswegs aber ungemütliches Unterfangen zu sein. So bietet dieser Weg einem zahlreiche Möglichkeiten einen Blick auf die pittoreske Silhouette der Strausberger Altstadt zu werfen. Nach einem einstündigen Spaziergang an der Nordseite des Sees angelangt, entschließen wir uns kurzerhand einem Spiel des FC Strausberg beizuwohnen. Wo sonst kann man soviel über eine bislang unbesichtigte Stadt in Erfahrung bringen, wie am örtlichen Bolzplatz?

FC Strausberg vs. FC Stahl Brandenburg

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Dem ostdeutschen Amateurfußball darf man durchaus ein leichtes Imageproblem attestieren. Nachdem es kaum noch Profifußball in Ostdeutschland gibt, tummeln sich in den unteren Ligen Vereine mit großen Namen und großer Historie. Doch in den vergangenen Jahren machten viele Ostvereine weniger durch sportliche Erfolge, als durch randalierende „Fans“ auf sich aufmerksam. Das hauptstadtstudio wollte es sich bei seinem Besuch in Strausberg natürlich nicht nehmen lassen, dieses Bild zu untersuchen und gegebenenfalls zurechtzurücken.

Am 13. Spieltag der Brandenburgliga empfing der örtliche Fußballverein FC Strausberg den FC Stahl Brandenburg. Der aus Brandenburg an der Havel stammende Verein mit dem martialischen Namen kann durchaus als Beispiel eines ehemals großen Vereins mit bescheidener Gegenwart gelten. Ex-Nationalspieler und Europameister Steffen Freund begann hier seine Profi-Karriere. Spielte der Vorgängerverein BSG Stahl Brandenburg in den 1970er und -80er Jahren in der höchsten Spielklasse der DDR und konnte sich sogar einmal für den UEFA-Cup qualifizieren, so ist man heutzutage schon froh, den Aufstieg in die Brandenburgliga (6. Liga) geschafft zu haben. Gespannt konnte man auch auf das Verhalten von Spielern und Fans sein. Erst vor wenigen Wochen musste die Partie zwischen den Prignitzer Kuckuck Kickers und dem FC Strausberg nach einem Feldverweis für Prignitz in der 67. Spielminute abgebrochen werden, da eine bereits im Spiel zuvor mit einer roten Karte bedachter Spieler der Kickers den Schiedsrichterassistenten von hinten mit der Faust schlug.

Um 13:01 Uhr war alles angerichtet und Schiedsrichter Henry Müller gab die Partie vor schätzungsweise 150 Zuschauern frei. Bereits nach wenigen Sekunden kam der in blau gekleidete FC Stahl zu seiner ersten Gelegenheit. Im direkten Gegenzug gelang es den ganz in weiß spielenden Hausherren nicht ihre Konterchance zu verwerten. Die Fans der Heimmannschaft lassen ein erste „Vorwärts Strausberg“ verlauten, doch im weiteren Verlauf schwingen sich die Gäste zur bestimmenden Mannschaft einer mehr und mehr verflachenden Partie auf. Mangels aufregender Szenen auf dem Platz nutzen einige Zuschauer die Zeit um über die Misere der Berliner Hertha zu diskutieren. Hierfür haben sie auch noch bis zur Halbzeitpause Zeit, da sich auf dem Spielfeld nicht mehr viel ereignet. Das Highlight der Pause bildete eine Bratwurst mit original Bautz’ner Senf und Toastbrot (!). Eine gewagt anmutende Kombination, aber durchaus schmackhaft.

Zu Beginn der 2. Spielhälfte macht sich die Handvoll Stahl-Fans bemerkbar und skandiert „Auswärtssieg“. Nach 80 Minuten schien es dann auch tatsächlich soweit zu sein. Nach einem Lattenknaller kann FC Stahl Stürmer Alexander Tarnow zum 0:1 abstauben. Nachdem nun alles auf einen Sieg der Gäste hindeutete, verwechselte ein Stahl-Spieler die Sportart und wehrte in der letzten Spielminute für alle deutlich sichtbar den Ball im Strafraum mit der Hand ab. Den fälligen Handelfmeter verwandelte Christian Brutschin zum glücklichen 1:1 Ausgleich.

Kurz darauf wurde das Spiel abgepfiffen. Für Farbe im Spiel sorgten bis dahin die Spieler vor allem durch ihre Schuhmode. Das klassische Schwarz scheint nur noch etwas für Nostalgiker zu sein. Wer an diesem Nachmittag schuhtechnisch etwas auf sich hielt, trug weißes, blaues, rotes, gelbes oder auch neon-pinkes Schuhwerk.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

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Doch wer dachte, dass mit dem Abpfiff auf dem Spielfeld Schluss wäre, sah sich getäuscht. Jetzt ging es erst richtig los. Aus unerfindlichen Gründen gingen einige Spieler der gegnerischen Mannschaften aufeinander los, bis schließlich ein Spieler der Gäste zu Boden ging. Schiedsrichter Müller griff sofort zur Gesäßtasche, was die Stimmung nur noch mehr anheizte. Nun meinte jeder etwas zum Geschehen beitragen zu müssen: Spieler, Trainer und besonders die Betreuer gingen fröhlich aufeinander los. Der Unparteiische und seine beiden Assistenten wirkten etwas ratlos. Besonderen Sinn für Humor bewies in dieser Situation der Stadionsprecher, der sich mit folgenden Worten verabschiedete: „Während wir hoffen, dass sich die Gemüter beruhigen, danken wir dem Schiedsrichtergespann.“ Nach einigen Minuten beruhigte sich die Meute auch langsam wieder. Schiri und Assistenten verließen von Ordnern begleitet das Feld in Richtung Kabine, ohne auch nur einem Spieler die rote Karte gezeigt zu haben. Alles in allem ein ruhiger Fußballnachmittag in der Brandenburgliga.

Abschied nehmen
Am späten Abend, nach einem abschliessenden Umtrunk in einer örtlichen Bar, machten wir uns (sichtlich erschöpft, wohl aber zufrieden) zurück in unsere Berliner Wahlheimat. Mit schönen Erinnerungen im Gepäck  kehren wir Strausberg vorerst den Rücken und bereiten uns auf das nächste JWD-Abenteuer vor.

© Hauptstadtstudio

Für das hauptstadtstudio und unsere werten Leser waren unterwegs:
Martin Schlereth & Bernard Bruck

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