Schweißgebadet im Festsaal Kreuzberg | Boysetsfire am 8.8.2012 in Berlin

Es war – bis auf ein paar Festivalauftritte – eins von nur drei Boysetsfire-Konzerten auf deutschem Boden in diesem Jahr. Zusammen mit Off With Their Heads und Red Tape Parade touren die Hardcore-Legenden aus Delaware zurzeit durch Europa und machten am Mittwoch, dem 8. August 2012, auch in Berlin Halt.

Red Tape Parade © Veronika Streit

Red Tape Parade © Veronika Streit

Einen Abend zuvor hatten sie noch in der Scheune in Dresden gespielt, und wenn man Sänger Nathan Gray Glauben schenken darf, war es dort noch heißer als im Festsaal Kreuzberg, der am Mittwoch jedoch auch sämtlichen Dampfsaunen Berlins Konkurrenz machte. Aber fangen wir von vorne an.

Als erste Band betraten an diesem Abend Red Tape Parade die Bühne. Die aus den entlegensten Winkeln Deutschlands stammende Fünfer-Kombo eröffnete das Vorprogramm von Boysetsfire mit den ersten zwei Songs ihres aktuellen Albums „The Third Rail of Life“: „Always Stubborn, Sometimes Hateful“ und „Directed By Alan Smithee“. Danach ging’s mit ein paar älteren Songs weiter, bevor „(Hunch)Back For Good“ die nächste Phase aktueller Songs einleitete. Alles in allem solider Hardcore-Punk, der teils an Boysetsfire, teils an Oldskool-Prügelpunk à la Lagwagon erinnerte. Und so füllte sich der anfangs noch gähnend leere Saal auch bald mit neugierigen Zuschauern, die sich gerne von den Red Tape Parade-Jungs auf den bevorstehenden Abend einstimmen ließen.

Off With Their Heads © Veronika Streit

Off With Their Heads © Veronika Streit

Nach nur 30 Minuten und ihrem letzten Song „Smalltown“ folgte ein kurzer Set-Umbau, und eine weitere Vorband betrat die Bühne des Festsaals in Kreuzberg: Off With Their Heads aus Minnesota weckten mit ihrem Rockabilly-Punk Erinnerungen an ein Konzert von Volbeat oder Social Distortion. Auf alle Fälle ließen sie es zu dritt nicht weniger laut krachen als ihre Vorgänger Red Tape Parade und begeisterten damit nicht nur die aus der gesamten Bundesrepublik angereisten Boysetsfire-Fans, sondern auch Boysetsfire persönlich. Zumindest deren Gitarrist und Shouter Josh Latshaw ließ es sich nicht nehmen, das Off-With-Their-Heads-Konzert direkt von der ersten Reihe aus zu genießen und den Jungs von Zeit zu Zeit grinsend zuzuprosten.

Boysetsfire © Veronika Streit

Boysetsfire © Veronika Streit

Kurz nach halb zehn betrat er dann jedoch selbst die Bühne – zusammen mit seinen Bandkollegen Chad Istvan (E-Gitarre), den Brüdern Matt und Marc Krupanski (Schlagzeug/Bass) sowie Sänger Nathan Gray. Ihr Konzert starteten Boysetsfire mit dem fast schon klassischen Opener-Song „Release The Dogs“ ihrer frühen Erfolgsplatte „Tomorrow Comes Today“, gefolgt von „Eviction Article“ desselben Albums und der epischen Single „Requiem“, bei der sich ausnahmsweise mal niemand im Crowdsurfen übte, weil alle viel zu sehr damit beschäftigt waren, jede Liedzeile inbrünstig mitzusingen: „Why spend our lives on bended knee, choosing not to be free?“

Boysetsfire © Veronika Streit

Boysetsfire © Veronika Streit

Die Temperatur im Saal stieg indessen unaufhörlich, und wenn Nathan Gray anfangs noch betonte, dass er froh sei, dass es im Festsaal Kreuzberg 10 Grad weniger seien als noch einen Tag zuvor in Dresden, wo die „Scheune“ regelrecht gekocht hatte, ahnte er nicht, dass er diese Aussage ein paar Songs später wieder revidieren würde. Ein paar Songs später präsentierten Boysetsfire nämlich ihren neuen Song „Until Nothing Remains“, der beim Publikum extrem gut ankam – wie im Übrigen auch „Bring Back The Fight“, den sie zwischen den Klassikern „Foundations To Burn“ und „My Life In The Knife Trade“ spielten -, so dass bald nicht mehr nur das Publikum ins Schwitzen kam, sondern auch Nathan und seine Band. Natürlich spielten Boysetsfire neben „Requiem“ auch noch ein paar weitere Songs vom melodischen 2006er Album „The Misery Index“: Neben dem bei den Fans sehr beliebten „Walk Astray“ gaben sie beispielsweise die hymnisch-mitreißenden Songs „Empire“, „With Cold Eyes“ und natürlich „The Misery Index“ zum Besten.

Boysetsfire © Veronika Streit

Boysetsfire © Veronika Streit

Und auch wenn der Festsaal Kreuzberg immer mehr auf den Siedepunkt zusteuerte, je mehr Boysetsfire auf die Zugabe zusteuerten, blieben die Fans energiegeladen und der Sound knackig. Nach „After The Eulogy“ und „Rookie“ (beide aus dem Jahr 2000) kündigte der völlig durchgeschwitzte Nathan schließlich an: „We’re gonna play two more songs“, erklärte aber gleichzeitig, dass er sich etwas lächerlich dabei vorkommen würde, jetzt durch dieses Maulwurfsloch – wie er den Bühnenausgang auf der rechten Seite bezeichnete – zu kriechen, nur um dann kurz danach wieder dort hindurch zurückzukriechen. Stattdessen schlug er vor, dass die Band auf der Bühne blieb, sich einen Moment lang ausruhte, etwas Wasser trank (und verteilte) und jeder Fan einfach mal „Hallo“ zu seinem Nachbarn sagte und sich ihm kurz vorstellte, um einander besser kennen zu lernen. Nach dieser netten Geste und ein paar Wasserspritzer später lieferten Boysetsfire mit „Falling Out Theme“ und dem epischen „Handful Of Redemption“ eine fulminante Zugabe. Im Anschluss wurden Hände geschüttelt, Fans umarmt und Fotos gemacht – völlig ohne Starallüren und bei gefühlten 65 Grad Innentemperatur. Wer am 8.8. auf dem Boysetsfire-Konzert in Berlin war, hat den Saunagang gratis zum Hammerauftritt dazubekommen.

Veronika Streit

 

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