Schokoladen verliert 2. Räumungsklage | Jeder Abend kann der Letzte sein!

Es ist ein jahrelanger Kampf, in dem neben Klägerin (der Beteiligungsgesellschaft Friedrich Trier GmbH) und Angeklagtem (dem Schokoladen e.V.) nicht nur das Berliner Landgericht, sondern auch Lokalpolitiker und nicht zuletzt die Fans und Unterstützer eines der letzten Berliner Off-Kultur-Clubs eine entscheidende Rolle spielen. Doch nun kann die Räumung jeden Tag vollzogen werden.

© nagell / flickr.com

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Zwar will Schokoladen-Anwalt Moritz Heusinger Berufung gegen das Urteil vom 24. Januar 2012 einlegen, in dem das Landgericht Berlin der Klage des Grundeigentümers, welche die Räumung des Szene-Clubs in der Ackerstraße zum Ziel hatte, stattgab, doch theoretisch kann der Schokoladen nun jederzeit geräumt werden. Damit wollen sich die Mitglieder und ihre Freunde jedoch nicht abfinden. Betreiber Chris Keller kündigte bereits Proteste an: „Freiwillig werden wir da nicht rausgehen“, zitierte ihn zuletzt der Tagesspiegel. Eine Hausbesetzung und auch Demonstrationen wie Anfang letzten Jahres anlässlich der Räumung des Hausprojekts „Liebig 14“ in der Liebigstraße in Berlin-Friedrichshain sind denkbar, denn: „Wenn einer der letzten Freiräume in Mitte verschwindet, wird die Szene das nicht kampflos hinnehmen.“

Doch es gibt auch friedliche Lösungsansätze: Auf der Webseite berlin-braucht-schokoladen.de bittet der Schokoladen e.V. alle Künstler Berlins, Fans des Schokoladens und Unterstützer der Berliner Alternativkultur um Mithilfe bei der Suche nach einem geeigneten Areal für den Eigentümer des Grundstücks, welches ihm von der Stadt Berlin als Alternative zum Besitz in der Ackerstraße 169/170 angeboten werden könnte. Mithilfe einer Plakat-Aktion und einer Online-Unterschriftensamlung für den offenen Unterstützerbrief an den Berliner Senat will der Verein den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit um Rückhalt bei der Grundstücksfindung bitten. Versuche des Vereins, selbst eine alternative Location in Berlin-Mitte zu finden, sind bisher an den überteuerten Mieten gescheitert, die der Schokoladen nicht einmal „ansatzweise in der Lage“ ist zu bezahlen, so Anwalt Moritz Heusinger. Ein erster „Tausch-Versuch“ mit einem Areal in der Invalidenstraße, welcher von Mitte-Baustadtrat Ephraim Gothe vorgeschlagen wurde, war bereits im letzten Jahr gescheitert, weil die Beteiligungsgesellschaft Trier GmbH kein Interesse an der Fläche hatte.

© der_triton / flickr.com

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So muss der Schokoladen fortan also jeden Tag ums Überleben bangen. Im Detail sind dies das Kulturcafé Schokoladen, in dem seit 1990 regelmäßig Lesungen, Live-Konzerte und Ausstellungen stattfinden, das TiSCH (Theater im Schokohof, Ex-Orph-Theater), welches seit 1999 Raum für jegliche Art von künstlerischen Inszenierungen bietet, der „Club der polnischen Versager“, in dem jährlich rund 200 Veranstaltungen rund um das Thema „Kunst und Kultur aus Osteuropa“ organisiert werden, und des Weiteren etliche Ateliers, Ateliergemeinschaften, Sound- und Tonstudios, welche teilweise schon seit 1995 die Räumlichkeiten des Schokoladens in unkommerzieller Weise nutzen.

Aufatmen hingegen – zumindest teilweise – können die ca. 15 Mieter, die ebenfalls im Haus in der Ackerstraße ansässig sind. Da sie noch alte Mietverträge besitzen, konnten sich die Grundeigentümer mit ihrer Räumungsklage zum Zwecke einer Komplettsanierung des Gebäudes vor Gericht nicht gegen sie durchsetzen. Allerdings werden viele von ihnen nun fortwährend aufgrund von Kleinigkeiten vom rheinland-pfälzischen Vermieter abgemahnt. Nach einer friedlichen Lösung sieht das nicht aus.

Veronika Streit (mit Bildmaterial von nagellder_triton / flickr.com)

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